Wilfried Kalski liebt seinen Beruf. Mit knapp 80 Jahren kommt der Anzeiger-Verleger immer noch fast jeden Tag in sein Büro in der Bahnhofstraße in Osterholz-Scharmbeck. In den letzten Monaten jedoch arbeitete er vorrangig an seinem jüngsten Projekt, an seinem Buch, das nun zu seinem runden Geburtstag erschienen ist. Damit hat er sich einen Herzenswunsch erfüllt.
„Redaktionsschluss.“ - so hat Wilfried Kalski sein Buch betitelt, in dem er nicht nur seine Lebensgeschichte schildert, sondern auch die Geschichte von Menschen, die im Krieg betroffen sind. Es betont die Bedeutung von Zielen im Leben und lebenslangem Lernen sowie die positiven Auswirkungen davon. Er schreibt über seine Wurzeln, das Leben auf dem Lande nach dem Zweiten Weltkrieg, über seine berufliche Laufbahn bis hin zur Gründung des Osterholzer und Bremervörder Anzeigers.
Der Leser erfährt viel Persönliches über den Unternehmer, über seine Familie, Freunde, Aktivitäten im Urlaub, aber auch über seine ehrenamtlichen Tätigkeiten. Wilfried Kalski hatte das große Glück, dass seine Vorfahren zahlreiche Aufzeichnungen, Briefe, Urkunden und Dokumente hinterlassen haben, die ihm die Recherche zu „Redaktionsschluss.“ wesentlich erleichterten.
Aber was hat ihn bewogen, dieses Buch zu schreiben? „Zunächst war es gar nicht mein Plan, ein Buch zu schreiben, obwohl meine Tochter Anja immer davon ausging, dass es mehr als nur Aufzeichnungen würden. Ich wollte einfach nur ein paar Dinge aufschreiben, die mit meiner Zeitung und meinem Verlag zusammenhingen“, sagt Wilfried Kalski. „Beim Schreiben entwickelte sich jedoch eine richtige Schreibsucht mit sehr, sehr vielen Glücksgefühlen“, beschreibt er seine Emotionen. Sogar nachts beschäftigte er sich mit seinem Manuskript.
Das Schreiben und Recherchieren war für ihn sowohl heilsam als auch erfahrungsreich. In vielen Bereichen wirkte auch seine Ehefrau Irmgard Kalski mit, es war eine richtige Teamleistung. „Jeder von uns konnte ganz persönliche Geschichten von früher mit einbringen.“ Vieles aus meiner Vergangenheit wurde mir deutlich, was ich bisher nicht verstanden hatte.“
Etwa in der Mitte des Buches beginnt Wilfried Kalski mit der Historie des Anzeigers und der Situation der Anzeigenblätter in den 70er und 80er Jahren. Die Wettbewerbssituation brachte es mit sich, dass zahlreiche Prozesse geführt werden mussten. Viele weitere Steine wurden ihm in den Weg gelegt, die er beiseite räumen musste, bevor er die ersten Erfolge verbuchen konnte.
Obwohl er nicht Techniker war, verstand er es, sein Unternehmen technisch immer auf den neuesten Stand zu bringen. „Die ersten gebrauchten Computer waren so groß wie ein zwei Meter hoher Gefrierschrank“, denkt er lächelnd zurück. Ein eigener Fotosatzbetrieb in Bremen sicherte die Zuverlässigkeit der Zeitungsproduktion. Taschen und Koffer mit den Druckunterlagen mussten zum Satzbetrieb und zur Druckerei geschleppt werden.
Das rund 360 Seiten umfassende Buch beginnt mit einem Vorwort der Soziologin und Gesundheitswissenschaftlerin Prof. Dr. Annelie Keil. Die Geschichte Wilfried Kalskis startet mit dem Schicksal von Menschen, die in jungen Jahren im Kampf ihr Leben ließen, am Beispiel von Heinrich Prigge, Onkel des Autors. Heinrich Prigges Briefe aus Russland berühren den Leser, die Leserin zutiefst. Er starb mit 22 Jahren 1943 im Kampf um unser Land in der Ukraine. „Er hatte keine Chance, sein Leben zu leben - wie auch viele Menschen in der heutigen Zeit auf der Erde, insbesondere in der Ukraine“, so der Autor.
Er schildert, dass sein Leben auf dem Land keine Einschränkungen aufgrund des Krieges mit sich brachte. „Es gab gerade auf einem Bauernhof genug zu essen. Schlechtere Chancen gab es allerdings im Bildungsbereich, weiterbildende Schulen wurden sehr selten besucht oder gar nicht angeboten.“ Die schlechten Schulmöglichkeiten waren der Anstoß dafür, dass Wilfried Kalski sich auf ein lebenslanges Lernen einstellen musste. Auf sein Studium zum praktischen Betriebswirt ist er zurückblickend sehr stolz. Die Bereitschaft, stets dazuzulernen, hat er sich bis zum heutigen Tag erhalten. Sein Grundsatz lautet: „Ziele kann man ändern, keine Ziele muss man ändern.“
Zahlreiche ehrenamtlichen Tätigkeiten prägten auch gewissermaßen seine Heimatstadt Osterholz-Scharmbeck. Dazu gehörte sein unermüdliches Engagement bei der Klosterholz-Tombola, dem Wirtschaftstreff, der Autobörse und dem Stadtfest. Über 1,2 Millionen Euro konnten für gemeinnützige Zwecke erwirtschaftet werden. Darüber hinaus war er 22 Jahre lang ehrenamtlicher Richter bei der Kammer für Handelssachen in Verden. Er betont immer wieder, dass er die Lehre daraus gezogen hat, im Leben immer beide Seiten einer Partei zu hören, damit man sich nur dann ein Urteil bilden kann“.
Für seine ehrenamtlichen Tätigkeiten wurde Wilfried Kalski im Jahre 2004 mit der Verdienstmedaille des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet, auf die er sehr stolz ist.
Verfasserin: Ulla Ingenhoven (Anzeiger-Verlag), gekürzter Zeitungsartikel