Müllers Buch über die „Völkische Bewegung“ und den Aufstieg des Nationalsozialismus im Elbe-Weser-Raum von 1918 bis 1933 ist in der Schriftenreihe des Landschaftsverbandes Stade erschienen. Es gibt einen tiefen Einblick in die Ursachen, Mentalitäten und krisenhaften Entwicklungen, die zum Scheitern der ersten deutschen parlamentarischen Demokratie und zur Etablierung der nationalsozialistischen Diktatur führten. Gegründet in der Stunde der deutschen Niederlage im Ersten Weltkrieg und des Unterganges der Monarchie, war die „Weimarer Republik“ von Anfang an fragil und gefährdet, weil einflussreiche Gruppen der Gesellschaft sich nicht oder nur halbherzig mit dem neuen demokratischen Staat identifizierten. Exemplarisch stellt Müller dies auch für den Elbe-Weser-Raum fest, einer ländlich geprägten Region in Norddeutschland, deren politische Entwicklung in der Zeit der Weimarer Republik umfassend dargestellt wird.
Henning Müller ist Historiker und Archivar aus Ober Ochtenhausen und arbeitet im Bremervörder Kreisarchiv. Er wurde 2024 mit dieser umfassenden Studie an der Universität Hamburg zum Dr. phil. promoviert. In seinem Buch beschreibt er das weite Spektrum der überaus zahlreichen politischen Gruppierungen im Elbe-Weser-Raum in der Zeit der Weimarer Republik. Insbesondere richtet er den Blick auf das radikale rechte Lager, in dem eine fast unüberschaubare Vielzahl von Parteien, Verbündeten und Netzwerken aktiv war. Zusammen mit der Wirtschafts- und Staatskrise der späten 1920er und frühen 1930er Jahre bildete diese „völkische Bewegung“ den Nährboden für den Aufstieg der Nationalsozialisten. Müller beschreibt auf beeindruckend breiter Quellenbasis die teils kooperierenden, aber oft auch miteinander konkurrierenden völkisch-nationalistischen Organisationen und stellt ihre regionalen und lokalen Protagonisten vor. Eindrücklich schildert er, wie die bürgerlichen Parteien – darunter die in der ländlichen Region zwischen Elbe und Weser traditionell tief verwurzelte welfische Bewegung – an Rückhalt verloren und wie die NSDAP sich durch den Auf- und Ausbau ihrer Parteiorganisation sowie durch Radikalität und massive Propaganda von einer kleinen Splittergruppe zur Massenpartei entwickelte.